Kein Lohn-Plus wegen Gewerkschaftsarbeit? Leipziger IT-Entwickler verklagt Spreadshirt

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Der Vorwurf wiegt schwer: Ein Software-Entwickler der Leipziger Spread Group (ehemals Spreadshirt) klagt gegen seinen Arbeitgeber wegen einer ausbleibenden Lohnerhöhung. Es geht um angebliche Benachteiligung wegen gewerkschaftlichen Engagements.

Leipzig. Die vorerst letzte Hoffnung für Tobias Graber* (Name geändert, der Redaktion bekannt) stirbt beim Gütetermin mit seinem Arbeitgeber am Leipziger Arbeitsgericht. Der Software-Entwickler kämpft als Mitarbeiter der mittlerweile weltweit operierenden Leipziger Modefirma Spread Group (2002 als Spreadshirt gegründet) seit einem knappen Jahr um eine Lohnerhöhung. Das ihm zustehende Gehaltsplus, so sein Vorwurf und der Grund der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung, werde ihm verwehrt, weil er sich gewerkschaftlich in seiner Firma engagiert habe.

Doch der Versuch einer einvernehmlichen Lösung zwischen dem IT-Fachmann und der Spread Group scheitert Anfang der Woche – obwohl der anwesende Richter als Schlichtung eine Einmalzahlung oder eine angepasste Gehaltserhöhung als Ansatzpunkte für eine Verhandlung vorschlägt. Die Spread Group, die sich in dem arbeitsrechtlichen Streit von der international renommierten Anwaltskanzlei CMS (70 Standorte in 40 Ländern) vertreten lässt, bleibt bei ihrem Kurs und geht nicht auf das Angebot ein.

Gewerkschaft kündigt weiteren Widerstand an

Die Enttäuschung des Klägers, der seit Juni in Elternzeit ist und sich vor Gericht selbst vertreten hatte, ist groß. „Ich hatte mir schon Chancen ausgerechnet“, sagte er der LVZ.

Auch die Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiter*innen Union), die sich als kämpferische Basisgewerkschaft für alle versteht und für deren Ziele sich der Software-Entwickler einsetzt, reagierte zerknirscht. „Leider konnte der Arbeitgeber nicht zum Einlenken gebracht werden. Wir bleiben auf jeden Fall standhaft und begleiten unser Mitglied im kommenden Gerichtsprozess“, kündigte die Leipziger FAU-Sprecherin Jessica Hermanns an. Die Spread Group äußerte sich trotz mehrmaliger LVZ-Anfragen nicht zu den öffentlichen Vorwürfen.

Begehrter Job mitten im angesagten Plagwitz

Dabei hatte alles harmonisch angefangen. Tobias Graber bekam 2020 als Werkstudent ein Angebot als Software-Entwickler im Spreadshirt-Headquarter in Leipzig. Cooles Start-up-Ambiente, junge dynamische Kollegen und Kolleginnen – ein begehrter Job mitten im schwer angesagten Plagwitz (Gießerstraße).

Im November 2022 habe er dann um eine Lohnerhöhung gebeten, so der IT-Fachmann gegenüber der LVZ. Auch weil er von anderen Werkstudenten die Rückkopplung erhalten habe, dass da in puncto Vertragsanpassung und Gehaltsplus etwas gehe. So habe ein Kollege ab März 2023 beides wunschgemäß von der Personalabteilung bekommen.

Nur noch wenig Spielraum nach Gütetermin

Bei Graber lief das anders. Im April habe es ein Gespräch gegeben, so seine Version, bei dem ihm die Gehaltssteigerung kategorisch verweigert wurde. Und seitdem lastet der Vorwurf der Benachteiligung wegen gewerkschaftlicher Arbeit („Union Busting“) auf der Plagwitzer Spread-Group-Zentrale. „Es ging nicht darum, dass ich mich in einer Gewerkschaft engagiere, sondern darum, wie ich mich engagiere“, sagte er der LVZ. Ja, er habe eine FAU-Betriebsgruppe aufbauen wollen. „Das kann aber nicht im Geheimen gemacht werden.“

Für die Gewerkschaft FAU jedenfalls gibt es nach dem geplatzten Güte-Termin nur noch wenig Spielraum. „Sollte in der Zwischenzeit kein einvernehmliches Ergebnis erzielt werden, kommt es im April 2024 zu einem Kammertermin“, sagte Sprecherin Hermanns. Der Kläger selbst hofft noch auf eine außergerichtliche Lösung mit seiner Firma. „Wir wollen schriftlich in Kontakt bleiben, ich bin für alles offen.“ Im Juni 2024 will Graber wieder bei der Spread Group einsteigen.